Von Budapest nach Debrecen

Dienstag, 24. Juni 2025 - Erkundung Debrecen

Nach einer körperlichen Anstrengung wie ich sie gestern gemacht hatte, kann ich nie gut schlafen. Es kamen die vielen Anstrengungen der letzten Tage zusammen, viele Stunden, an denen ich in der prallen Sonne unterwegs war, brennende Füsse, ein stetiges Ziehen in den Waden und schmerzende Knie.

Vor der grossen reformierten Kirche in der Stadtmitte.
Vor der grossen reformierten Kirche in der Stadtmitte.

Wenn man schliesslich das Ziel erreicht hat, schwindet das Adrenalin und die Kraftreserven sind aufgebraucht - schliesslich hat man erreicht, was man wollte und wofür man sich so aufgeopfert hat.

Rückblickend war die letzte Etappe grossartig, ja sogar die Beste. Meine Gedanken gingen zurück in die Puszta, in die Weite, die Sumpfgebiete, durch die ich waten musste, das Ankommen in Debrecen.

Nun befand ich mich in einer Superior Suite des historischen Gebäudes der Belga Boutique Panzió. Das Zimmer war gross und vermutlich ursprünglich mal ein Abteil des Restaurants gewesen. Es versprühte Charme und ich fühlte die Geschichte dieser alten Gemäuer, während meine Blicke im Zimmer herumstreiften.

Eine hohe kuppelförmige Decke, eine mit Spiegeln versehene Wand verziert mit Holzschnörkeleien, einem robusten Holzboden mit Steineinlassungen und einem grossen Kronleuchter aus Messing an der Decke. Auf einmal fühlte ich mich einsam. Gerne hätte ich meine Gedanken mit jemandem geteilt.

In der historischen Konditorei Stühmer
In der historischen Konditorei Stühmer
Debreziner Brühwurstspezialität
Debreziner Brühwurstspezialität

Nach dem Frühstück erkundigte ich die Stadt, über die ich absolut nichts wusste. Aus irgendeinem Grund ging ich davon aus, dass Debrecen neben Budapest zweitrangig daherkommen würde. Doch ich lag falsch. Debrecen ist komplett anders als die heutige Hauptstadt von Ungarn. Ein kleines, überschaubares Zentrum, welches mit viel Geschichte und Persönlichkeit daherkommt. Eine lebhafte Universitätsstadt mit vielen jungen Leuten, die am aufblühen ist.

Es gibt nur zwei Tramlinien in Debrecen
Es gibt nur zwei Tramlinien in Debrecen
Chillen im Nagyerdei-Park (Stadtpark)
Chillen im Nagyerdei-Park (Stadtpark)

Zum Mittagessen entschied ich mich die Debreziner Brühwurstspezialität zu kosten. Die Wurst trägt den Namen des Ortes, wo sie ursprünglich erfunden und hergestellt wurde. Debreziner sind leicht geräuchert und enthalten Schweine- und Rindfleisch sowie Gewürze, insbesondere Paprika, die ihnen die rote Farbe und den würzigen Geschmack verleihen. 

Es war nicht gerade ein leichtes Essen, welches man sich an einem Sommertag zum Mittagessen gönnt, doch hier war ich nun mal und wollte das lokale Gericht unbedingt versuchen, auch wenn ich grundsätzlich kein Wurst-Fan bin. 


Siesta im Park. So könnte man meinen Nachmittag bezeichnen. Die Tram Nr.1 brachte mich zum nahegelegenen Stadtpark von Debrecen, wo ich auf einer der zahlreichen Liegen und Bänkchen ein Nickerchen machte. Zurück im Zentrum, kaufte ich mir noch ein neues T-Shirt im Einkaufszentrum. Abendessen gab es dann wieder wie gestern in der Belga Boutique Panzió auf der Terrasse. Hier hatte ich einen guten Überblick über das Treiben auf der Promenadenstrasse.

Mittwoch, 25. Juni 2025 – Heimreise

Check-out im Belga Boutique Panzió war um 10:00 Uhr. Zuvor ass ich draussen an der Promenade noch Frühstück. Die Leute waren schon geschäftig unterwegs, aber stressig kam es mir auch nicht vor. Nicht dieser Arbeitswahnsinn wie ich ihn sehen würde, wenn ich in Basel in einem Strassenkaffee sitzen würde. Hier nahm man sich noch Zeit für die Begrüssung und einen kurzen Schwatz.

Ich kaufte noch ein paar Mitbringsel ein und begab mich dann zu Fuss zum Bahnhof von Debrecen. Das Ticket für die Zugstrecke nach Budapest wollte ich bewusst am Schalter kaufen. Das Papier vorweisen und mal ein bisschen der Digitalisierung trotzen.

Mein Zug nach Budapest.
Mein Zug nach Budapest.

Leider verstand die liebe Frau am Schalter kein Wort Englisch. Sie verwies mich an ihre Kollegin, doch die machte gerade Pause, hatte den Schalter geschlossen und das Licht ausgeschaltet. Im Dunkeln sitzend, sah ich wie sie vergnügt ein Eis vernaschte.

Ich ging also wieder zurück und zeigte der Frau mein iPhone, wo ich zuvor den Text “Ich hätte gerne ein Ticket zum Bahnhof Keleti in Budapest” übersetzten lies. Wenig begeistert tippte sie auf dem Computer herum und zeigte mir die Verbindungen. Ich überlegte nicht lange und entschied mich für den Zug, der gleich als Nächster fahren würde. Erst auf den Perón bemerkte ich, dass diese noch eine nette Zusatzschlaufe zu Orten im Norden machen würde.

So wie ich daherkam, hatte mir die Dame vermutlich die günstigsten Verbindungen herausgesucht. Ich sah mittlerweile aus wie ein Vagabund: unrasiert, von der Sonne gebrannt, mit ausgewaschenem und mittlerweile viel zu grossem T-Shirt, hochgekrempelten, löchrigen Hosen und Flipflops an den Füssen.

In der grossen Bahnhofshalle von Keleti.
In der grossen Bahnhofshalle von Keleti.

Auf dem Ticket stand, dass ich um 14:47 Uhr in Budapest ankommen würde und somit eine vierstündige Fahrt über die Ortschaften Nyíregyháza, Miskoloc, Füzesabony und Hatavan unternehmen werde. Ich hatte eh Zeit und musste den Tag irgendwie durchbringen. Mein Flug zurück in die Schweiz ging erst am Abend.

Irgendwo im Niemandsland kam der Zug zum Stehen. Eine Durchsage erfolgte, von deren Inhalt ich kein Wort verstand. Es schien niemanden zu beunruhigen. Dann ging die Lüftung ab und es herrschte eine komplette Stille.

So standen wir da, die Luft wurde immer dünner und vermutlich war zwischenzeitlich die Temperatur draussen kühler als im Zugsabteil.

Als der Zug nach einer langen halben Stunde schliesslich langsam weiterfuhr, sah ich was geschah. In der Gegend war ein Brand ausgebrochen und die Bäume entlang der Geleise wurden gefällt, damit sich dieser nicht über die Bahnlinie weiter ausbreiten konnte. Entsprechend wurde die Lüftung abgeschaltet, damit kein Rauch in die Wagons gelangte. Ein Fernsehreporter filmte den Zug sogar, als wir vorbeifuhren. Das Abenteuer blieb also auch heute nicht aus!

Tschüss Ungarn - bis nächstes Jahr!
Tschüss Ungarn - bis nächstes Jahr!

Mit 30-minütiger Verspätung kam ich schliesslich im Budapester Bahnhof Keleti an. Ich beschloss zu Fuss ins Stadtzentrum zu gehen, um später den direkten Flughafenshuttle 100E zu nehmen. Unterwegs kehrte ich zum Essen beim Vietnamesen ein und gönnte mir im Muse noch einen feinen Cappuccino.

Das war’s schliesslich mit meiner Weitwanderung in Ungarn. Der Bus fuhr mich zum Flughafen Ferenc Liszt, der Flieger zurück in die Schweiz und Tanja brachte mich nach Hause.

Fazit

Die begangene Strecke von Budapest nach Debrecen ist sicherlich nicht die abwechslungsreichste! Es gibt auf dem Wegstück wenig kulturelle Attraktivitäten oder vielfältige Landschaftsbilder. Die Monotonie der weiträumigen Ebenen, den schier endlos erscheinenden Feldern und das Durchstreifen der Puszta muss man mögen oder akzeptieren. Dass ein Weg – wie das Sprichwort besagt – nicht nur steinig, sondern auch flach und langatmig daherkommen kann, gehört zum Weitwandern einfach dazu.

Weitere Fotos vom Dienstag, 24. und Mittwoch, 25. Juni 2025