Piz Gloria & Hundshore

Zwei Skitourentage mit Start vom berühmten Schilthorn aus.

1968/69 wurde auf dem Schilthorn der James Bond Film «Im Geheimdienst Ihrer Majestät» gedreht.
1968/69 wurde auf dem Schilthorn der James Bond Film «Im Geheimdienst Ihrer Majestät» gedreht.

Montag, 22. März 2021

Der Tag begann ärgerlich. Auf der Fahrt nach Luzern rief mich Sandro an und teilte mir mit leicht gestresstem Unterton mit, dass er seit einer Dreiviertelstunde auf der Autobahn stünde und es keinen Meter vorwärts ginge.

Der Strassenverkehrsbericht im Radio bestätigte wenig später seine Aussage. Zwei Lastwagen wären ineinander verkeilt und die Autobahn gesperrt. Ausgerechnet heute, wo wir uns doch früh morgens in Emmen treffen wollten, um anschliessend zusammen nach Lauterbrunnen zum Skitourengehen weiterfahren wollten. 

Lauterbrunnen
Lauterbrunnen

Doch es half nichts. Wir mussten es nehmen wie es kommt und das heutige Programm anpassen. Erst um 11:00 Uhr kamen wir dort mit einer Verspätung von drei Stunden an. Wir parkierten das Auto beim Hotel Silberhorn, wo wir am Tag zuvor ein Zimmer reserviert hatten.

Panoramafahrt von der Grütschalp nach Mürren auf der historischen Bahnstrecke.
Panoramafahrt von der Grütschalp nach Mürren auf der historischen Bahnstrecke.

Die Kabinenseilbahn hinauf zur Grütschalp befand sich unmittelbar nebenan. Wenigsten jetzt hatten wir Glück und mussten nicht lange auf die nächste Fahrt warten. Auch auf der Grütschalp hatten wir gleich Anschluss auf die historische und abenteuerliche Bahnstrecke nach Mürren.

In der Gondelbahn auf dem Weg nach Piz Gloria/Schilthorn.
In der Gondelbahn auf dem Weg nach Piz Gloria/Schilthorn.

Der Zug, mit dessen Wagon wir fast alleine unterwegs waren, führte uns durch die faszinierende Berglandschaft mit grandioser Aussicht auf die grossen Berner Berge! Es kam mir vor, wie eine Fahrt durch ein Wintermärchen. 

In der BLM Station von Mürren angekommen, muss der Besucher zu Fuss durch den Ort bis zur Schilthornbahn weitergehen. Mürren ist autofrei und macht damit den Ort noch besonderer. Ich jedoch erschrak ein wenig. Denn Mürren kam mir aufgrund der vorherrschenden Corona-Situation vor wie eine Geisterstadt.

Sandro auf dem Westgrat in Richtung Sattel.
Sandro auf dem Westgrat in Richtung Sattel.

Es waren keine Leute dort. Und dies obwohl eigentlich Hochsaison wäre. Nur wenige Hotels hatten überhaupt geöffnet und die Restaurants mussten sowieso zu sein. Doch auch in den Sport-, Verleih- und Souvenirgeschäften war es dunkel. Wäre da nicht die Sonne und die weisse Schneepracht gewesen, hätte die Situation schon deprimierend wirken können.

Blick hinunter ins Soustal. Wir durften uns auf eine lange Abfahrt freuen :-)
Blick hinunter ins Soustal. Wir durften uns auf eine lange Abfahrt freuen :-)

Unser Ziel war wie gesagt das Schilthorn. Da es bereits Mittag war, konnten wir keine grössere Skitour mehr unternehmen. So beschlossen wir, von Piz Gloria das Soustal hinunter nach Isenfluh zu fahren. Wir spassten dabei noch, ob wir überhaupt die Felle mitnehmen sollen, denn vor uns lag eine 1'900 Höhenmeter lange Abfahrt! Eigentlich eine coole Alternative zu der ursprünglichen sportlicheren Idee, auf das kleine Lobhorn zu gehen.

Olli zeichnet die dritte Spur :-)
Olli zeichnet die dritte Spur :-)

Als Bond-Fan konnte ich mich den dortigen Attraktionen nicht entziehen. Ein paar Fotos mussten einfach sein. Nach dem Mittagessen aus dem Rucksack machten wir uns schliesslich auf und stiegen über die Aussichtsterrasse auf den Westgrat des Berges. Auf der teilweise mit Stahlseilen gesicherten Strecke bis zum Sattel mussten wir darauf achten, dass es uns nicht umblies. Derart stark war zeitweise der Nordostwind.

Oberhalb von Naterwengli.
Oberhalb von Naterwengli.

Wir konnten es aufgrund des Windes ahnen, dass es wohl keine Pulverabfahrt geben würde. Die Schneedecken in den Nordhängen waren festgedrückt. Doch je weiter runter wir kamen, desto besser wurde die Qualität!

Blick zurück ins Soustal bei Naterwengli.
Blick zurück ins Soustal bei Naterwengli.

Wir peilten Oberberg an und schliesslich Naterwengli. Nach einer kurzen Pause fuhren wir weiter nach Balm und schliesslich durch den Sengiswald nach Isenfluh. Auch hier war der Zufall wieder auf unserer Seite, denn das Postauto nach Lauterbrunnen fuhr just in dem Moment, als wir ankamen.

Im Hotel Silberhorn waren wir die ersten Essensgäste, die um 18:00 Uhr ins Restaurant kamen. Wir hatten Hunger und Durst. Es war trotz der Panne heute Morgen ein sehr langer Tag, der sich doch noch zum Guten mit einem tollen Erlebnis entwickelt hatte!

Weitere Fotos vom Montag, 22. März 2021

Dienstag, 23.03.2021

Nachdem wir im Hotel ausgecheckt hatten, mit dem Auto nach Stechelberg gefahren sind und wir uns bereits um 08:00 Uhr in der Seilbahn hinauf nach Mürren befanden, dachte ich so vor mich hin, dass das Reisen in Corona-Zeiten auch sein Gutes hat: Man muss nirgends anstehen und die Leute freuen sich über die (Inland-) Touristen! Alle sind freundlich und zuvorkommend. Ein schönes Gefühl. 

Unser Ziel: Das Hundshore mit seiner langen Ostflanke, welche bis hinunter zur Rotstockhütte reicht.
Unser Ziel: Das Hundshore mit seiner langen Ostflanke, welche bis hinunter zur Rotstockhütte reicht.

Nach dreimaligem Umsteigen waren wir dann schliesslich wieder auf dem Schilthorn, dem Piz Gloria, welches dank eines Bond-Films diesem Ort so viele Touristen bescherte und beschert. Bald sollen die Liftanlagen neuen weichen und grössere Umbauten an dem Rundgebäude sind (zwangsweise) in Planung. 

Wilde Gegend! Unten im Tal ist die Rotstockhütte ersichtlich.
Wilde Gegend! Unten im Tal ist die Rotstockhütte ersichtlich.

Doch wir interessierten uns primär für die Bergwelt. Unser Ziel war das Hundshore, welches südwestlich des Schilthorns lag. Wir folgen dem, von gestern bekannten Grat, in Richtung Westen und fuhren anschliessend den nicht ganz ungefährlichen Südhang hinüber zum Pt. 2683 (Sattel).

Gemütlicher Aufstieg vom in Richtung Hundshore.
Gemütlicher Aufstieg vom in Richtung Hundshore.

Hier fellten wir an und folgten der offiziellen Skitourenroute bis unterhalb des Hundshore, wo wir ein Skidepot erstellten. Mit Pickel ging es dann den anfangs steilen und oben schliesslich abflachenden Weg bis zum Gipfelkreuz (2'928m).

Olli im Aufstieg. Im Hintergrund der "Wild Andrist" mit seinem eindrücklichen Gipfeldreieck.
Olli im Aufstieg. Im Hintergrund der "Wild Andrist" mit seinem eindrücklichen Gipfeldreieck.

Das Panorama hier oben war umwerfend. Die Berglandschaft so wild wie sonst wo. Noch nirgends habe ich so viele steile, abfallende Wände und Flanken gesehen. Zum Glück gab es auch weniger steile Alternativen, um in die engen Täler zu gelangen. So unsere Abfahrtsroute durchs Hundstobel zur Rotstockhütte.

Auf dem Gipfel des Hundshore (2'828m) - Eine prächtige Rundumaussicht!
Auf dem Gipfel des Hundshore (2'828m) - Eine prächtige Rundumaussicht!

Die vor uns liegende fast 1'000 Höhenmeter lange Abfahrt war der Hammer. Ich hatte noch keine so wunderschöne und lange Skitourenabfahrt gemacht. Der Schnee war pulvrig, die Hänge steil – jedoch nicht zu steil, das Panorama auf Eiger, Mönch und Jungfrau sagenhaft und das Wetter einfach nur sonnig!

Sandro fährt los - ein wunderschöner, langer Hang in einer Bergkulisse, die besser nicht sein könnte!
Sandro fährt los - ein wunderschöner, langer Hang in einer Bergkulisse, die besser nicht sein könnte!

Letzteres könnte uns jedoch zum Verhängnis werden. Denn obwohl es erst kurz vor 12:00 Uhr war, schien die Sonne derart stark und waren die Temperaturen selbst auf 2'000 Metern so hoch, dass es allmählich gefährlich wurde, sich in Südhängen aufzuhalten. 

Eine Wahnsinnsabfahrt :)
Eine Wahnsinnsabfahrt :)

Wir gaben daher Gas, um den Gegenaufstieg nach Wasenegg möglichst schnell hinter uns zu bringen. Die Sache war uns nicht mehr geheuer und wir gönnten uns erst eine ausgiebige Pause, als wir diesen Grat erreicht hatten.

Von hier aus hatten wir nochmals einen tollen Ausblick auf unsere zurückgelegte Strecke; sprich die sagenhafte Abfahrt vom Hundshore hinunter. 

Yeah!
Yeah!

Nur noch eine kurze Strecke trennte uns vom Skigebiet. Bald trafen wir auf die offizielle Piste und kehrten bei Wintertal ins Bergrestaurant ein – bzw. liessen uns auf der Sonnenterrasse nieder! Bis zur Bergstation Gimmelwald waren es nur noch ein paar Schwünge im sulzigen Schnee. Wie lange würde die weisse Pracht noch dem Frühling entgegenstehen?

Bei der Rotstockhütte.
Bei der Rotstockhütte.

Die Heimfahrt erfolgte für beide von uns glücklicherweise ohne Stau und die heutige Abfahrt wird sicherlich noch lange in unserer Erinnerung bleiben. Eine Tour zweimal zu machen liegt eigentlich nicht in meiner Natur. Doch auf diese klasse Abfahrt könnte ich mich ein zweites Mal einlassen!

Auf dem Grat von Wasenegg.
Auf dem Grat von Wasenegg.

Weitere Fotos vom Dienstag, 23.03.2021