Tschingellochtighore
Besteigung der 2'735m hohen Pyramide am Entschligegrat.
Sonntag, 23. Juli 2023
Als ich vor ein paar Wochen zusammen mit Dominik eine Tagestour auf den Vordere Lohner (3’048m) unternahm, fiel mir die eindrückliche Pyramide am Entschligegrat auf. Obwohl der Fels in dieser Region mehrheitlich brüchig daherkommt, sah dieser majestätische, zerklüftete Felsgipfel dennoch wie ein lohnendes Ziel aus.
Als ich wieder zu Hause war, ging ich der Idee nach und fand folgendes im SAC-Archiv:
«Die mehrheitlich brüchigen Felsen dieses Berges haben einen schlechten Ruf. Tatsächlich wurden an diesem kleinen Massiv diverse sehr riskante Anstiege erzwungen. So liest man doch in der 5. Auflage des SAC-Gebietsführers bei einer Route durch die NE-Wand folgenden Kommentar: "Nur für Kletterer mit leistungsfähigen Schutzengeln. Sehr brüchiger Fels, ungenügende Sicherungsmöglichkeiten. Nicht empfehlenswert. Schon bei den Erstbegehern "rieselten Steine in das Gesicht und die Ärmel" (Alpina 1905, S. 137). Begreiflich, dass sie vor ihrem kühnen Aufstieg nebst Brot, Käse und Wasser auch Schnaps zu sich nahmen...»
Neben diesem abschreckenden Beschrieb findet man aber auch den Eintrag zur Normalroute auf den mittleren Gipfel der Erhebung. Diese wird als durchaus lohnende Kletterei in festem Felsen bezeichnet. Die Schwierigkeit liegt bei ZS- / 3c, Standplätze und Abseilstelle ist eingerichtet.
Mit der ersten Seilbahn um 08:30 Uhr fuhren Tanja und ich hinauf zur Engstligenalp (1'962m). Nach Bereitstellung unserer Rucksäcke traten wird den Aufstieg in Richtung Tschingellochtighore an. Unser Weg führte hinauf auf den Ärtelegrat in Richtung Chüematti. Tatsächlich stand hier eine Herde von Kühen, welche uns mit kritischen Blicken beim vorbeimarschieren musternden.
Der Weg hinauf in Richtung Tschingellochtighore zieht sich in die Länge. Denn das Ziel hat man immer vor Augen und da bekommt man das Gefühl, dass es gar nicht näherkommt. Doch es kam. Bald waren wir an der Stelle, wo wir den Wanderweg verliessen und nach Osten über die schuttbedeckte SW-Flanke hochstiegen.
In der Zwischenzeit war noch eine andere Seilschaft eingetroffen, was hilfreich war. Denn die beiden Mädels kannten die Einstiegsstelle bereits und so fiel uns die Orientierung einfacher. Denn der Aufstieg über die steilen Felsstufen und die Schutthalden war alles andere als einfach. Von den genannten Wegspuren, die es hier geben sollte, war keine Spur. Definitiv der schwierigste Teil der Tour.
Schliesslich erreichten wir die Scharte zwischen Nord- und Hauptgipfel und den Einstieg zur Normalroute. Es blies ein lästiger Wind und es war bitterkalt. Der anderen Seilschaft liessen wir den Vortritt und assen noch eine Kleinigkeit. Dann stiegen auch wir in die aus drei Seillängen bestehende Route ein (3c).
Die Kletterpassagen sind steil, aber sehr gut gestuft. Der Fels top; von Brüchigkeit keine Spur. Bald erreichten auch wir den Gipfel und genossen die herrliche Aussicht auf die umliegende, weitläufige Bergwelt. Am Gipfel ist ein monströser Abseilstand mit zwei Ketten eingerichtet. Doch ein 40 Meter Seil reicht trotzdem nicht bis hinunter zum Einstieg. Man muss in 3x10m oder 1x10m und 1x20m runterseilen. Auffallend ist auch, dass einige Plättchen von Borhaken abgeschraubt wurden und somit nicht genutzt werden konnten. Was soll das?
Zurück am Nordgrat hiess es nochmals volle Konzentration. Am kurzen Seil stiegen wir über die Schutt- und Geröllhalde hinunter zum Wanderweg. Diesem folgten wir noch ein Stückchen bis unterhalb des Entschligegrat, wo wir uns im Windschatten an der Sonne endlich eine längere Pause gönnten.
Gestärkt, folgten wir für den Rückweg dem Entschligegrat, welcher uns wie ein langer Laufsteg in dieser unwirklichen "Mondlandschaft" von Norden nach Süden diente. Wir fühlten uns hier wie in einer anderen Welt und der Blick zurück auf die markanten Zacken des Tschingellochtighore liessen uns schon ein wenig stolz daher wandern.
Unterhalb des Chindbettihore zweigte schliesslich der Wanderweg hinunter in Richtung Engstligenalp ab. Wie beim Aufstieg, zog sich auch beim Abstieg der Weg dorthin. Beim Bergsee nahe Pt. 2350, gönnten wir uns nochmals eine Pause und hielten die Füsse ins Wasser. Beim Herausziehen waren diese voller kleiner Blutegel, welche vor dem Anziehen der Socken erst wieder entfernt werden mussten.
Bei einem Bergbauern kauften wir unterwegs noch Käse ein, ehe wir nach einer Erfrischung im Bergrestaurant mit der Gondelbahn wieder ins Tal fuhren. Auf der Heimreise kehrten wir im Restaurant Frohsinn (Schindle Grill) in Holderbank ein. Hier schlossen wir den Tag mit einer hervorragenden Fleischplatte zum selbst Braten ab.