Von Bregenz nach Innsbruck
Samstag, 19. September 2020 – Etappe 5: Rieden bei Weissenbach am Lech – Ehrwald (30 km)
Sensationell geschlafen und einigermassen erholt, erwachte ich an diesem sonnigen Morgen noch vor dem Wecker, welchen ich auf 07:30 Uhr gestellt hatte. Wie auch in den letzten Gasthöfen wurde das Frühstück (leider) erst ab 08:00 Uhr serviert.
Aber das Frühstücksbuffet vom Gasthof Kreuz konnte sich sehen lassen. So was hatte ich schon lange nicht mehr angetroffen. Kein Standard - sondern Deluxe, welcher den Standard mitinkludierte! Neben dem 08/15 gab es viele verschiedene Beeren, Lachs, frische Eier (nicht die Normeier), selbstgemachte Marmelade, Käse der seines gleichen sucht und noch vieles mehr.
Ich schlug mir den Bauch voll und startete um halb neun Uhr. Meinen heutigen Wanderpfad hatte ich gestern bei der Ankunft bereits festgelegt. Heute würde ich auf der Etappe nach Ehrwald immer dem Jakobsweg folgen. Dies hat auch den Vorteil, dass dieser besser ausgeschildert ist und ein Verlaufen entsprechend unwahrscheinlicher ist.
Kurz nach Rieden führte die Wanderung in das Rotlechtal ein. Einem Kiesweg folgend, erreichte ich die Raazwaldalpe und den Rotlechstausee. Die Sonne blendete in einem diffusen Licht, wie es nur im Herbst anzutreffen ist. Das Wasser des Stausees schimmerte in einem kalten, hellen grün. Fische waren darin keine zu sehen.
Der Weg führte weiter nach Rinnen, wo ich einen Kulturschock erlebte. Heerscharen von Wandertouristen, welche teilweise mit Bussen angeliefert wurden, kamen wir schnaufend und plappernd entgegen. Riesige Hotelanlagen säumten sich der Hauptstrasse entlang und verunstalteten die Berglandschaft. Die kleine Kirche von Rinnen geht in dem grossen, dahinterstehenden Alpenpanoramaressortsportfamilienhotel komplett unter. Sie reichte in der Höhe nur bis zum zweiten Stock des riesigen Komplexes, welcher alles bot: verschiedene Restaurants, Schwimm- Wellness- und Badebereich, eigene Brauerei, Indoorparking, Sportgeräteverleih, Kegelbahn, Souvenirgeschäfte etc.
Ich lasse hier meinen Gedanken und Frust ein wenig Platz. Auf dem Weg in Richtung Berwang, und schliesslich weiter nach Bichlbach etc. traf ich immer wieder auf solche Verbauungen und musste feststellen, wie die Natur unter dem Wintertourismus leidet. Doch auch ich bin kein Unschuldiger; schliesslich liebe ich den Wintersport. Nur sieht man im Winter die Schäden an Flora und Fauna nicht, da alles weiss überzuckert ist.
In der Kaffeemühle in Berwang legte ich auf der Sonnenterrasse eine ausgiebige Mittagspause ein. Bei einem Zipfer-Bier liess ich die Füsse ausruhen und genoss die tolle Aussicht auf die umliegenden Berge.
Auf dem Berwanger Tal- und Panoramaweg passierte ich wenig später abermals eine Pestkapelle. Gedankliche Verbindungen zu Corona kamen auf. Die Menschheit wurde doch schon etliche Male von schlimmen Krankheiten heimgesucht…
Bei Bichlbach angekommen, verlief der weitere Weg immer in der Talsohle in der Nähe der "Sisi Strasse" bis nach Ehrwald. Doch statt Pferdekutschen und Wandersleuten donnert heutzutage lärmender Verkehr durch dieses Gebiet. Einzig der Zugspitz-Panoramaweg mit Blick auf das beindruckende Wetterstein Gebirge lenkt von dieser Tatsache ab.
An Lermoos vorbei, folgte ich dem Moosweg in Richtung Rossmoss und durchwanderte anschliessend die kleine Ortschaft Ehrwald bis zu meiner heutigen Unterkunft. Eigentlich hatte ich Ehrwald grösser und touristisch-ausgebauter erwartet. Ist die Ortschaft doch der Ausgangspunkt für Unternehmungen auf und um Deutschlands höchsten Berg: die Zugspitze.
Ich nächtigte im Sporthotel Schönruh, eine grosse Hotelanlage, die einem jeden Wunsch erfüllt. Halbpension war auch dabei, so musste ich nicht mehr raus und konnte nach dem Essen gleich in die Heia gehen.