Von Wien nach Budapest

Mittwoch, 19.06.2024 Etappe 1: Wien Hauptbahnhof – Fischamend, 31 km

So, nun ging es endlich los! Nach dem Frühstück verliess ich das Linder Hotel und startete zu meiner ersten, eher kürzeren Etappe, auf meinem Weg nach Budapest. Kürzer deswegen, weil ich eingeplant hatte, dem, auf dem Weg liegenden, imposanten Zentralfriedhof von Wien noch einen Besuch abzustatten. Doch erst wanderte ich frohen Schrittes zum Wiener Hauptbahnhof, wo ich am 26. April 2023 den letzten Etappenabschnitt beendete.

Ankunft 26. April 2023
Ankunft 26. April 2023
Abmarsch 19. Juni 2024
Abmarsch 19. Juni 2024

Zugegeben, der Weg aus der Stadt hinaus war nicht schön und doch konnte ich grosse Strecken auf Grünstreifen, entlang der stark befahrenen Hauptstrasse, zurücklegen. Damit der Lärm des Verkehrs mich nicht störte, hörte ich die Best-of-Playlist von Falco. Nach dem gestrigen Abendessen in einer seiner Stammkneipen, kam mir der Rockstar aus Wien immer wieder in den Sinn. Und schliesslich liegt auch sein Grab auf dem Zentralfriedhof.

Im Zentralfriedhof von Wien
Im Zentralfriedhof von Wien

Meine Gedanken vertieften sich in die Parolen am Wegrand. Folgende sind mir geblieben

  • Demokratie muss jeden Tag erneuert werden
  • Winners never Quit
  • Befreie Dich von billigen Ausreden

Beim Wandern hat man sehr viel Zeit zum nachzudenken, insbesondere, wenn man, wie ich, allein unterwegs ist.

Beethoven
Beethoven
Strauss
Strauss
Mozart
Mozart
Schubert
Schubert
Brahms
Brahms
Udo Jürgens
Udo Jürgens

Gegen 09:15 Uhr erreichte ich schliesslich den Osteingang des Friedhofs und so trat ich in das Reich der letzten Ruhestätten ein. Der Wiener Zentralfriedhof wurde 1874 eröffnet und zählt mit einer Fläche von fast zweieinhalb Quadratkilometern und rund 330.000 Grabstellen mit rund drei Millionen Verstorbenen zu den grössten Friedhofsanlagen Europas. Man kann gegen eine Gebühr sogar mit dem Auto reinfahren oder sich elegant mit der Kutsche umherchauffieren lassen.

Unsereins ging natürlich zu Fuss über die ungeteerten Forstwege. Man könnte sich hier locker verirren, wäre das Strassennetzsystem nicht logisch aufgebaut. Alle Wege führen hier ins Zentrum, wo die bezaubernde Friedhofskirche zum Heiligen Karl Borromäus steht. Ein grossartiges Gebäude. Zwischen den Grabsteinen hüpften Eichhörnchen umher und im waldigen Gelände soll es sogar Rehe geben. Die sah ich zwar nicht, doch fleissige Gärtner die - oben ohne! - die Landschaft und die Gräber in Stand hielten. Dies wäre in anderen Religionen undenkbar!

"Falco lebt!"
"Falco lebt!"

Ich besuchte die Gräber von Mozart, Beethoven, Brahms, Schubert, Strauss und auch jene der etwas moderneren Musikkollegen Falco und Udo Jürgens. Es ist erstaunlich, wie viel Berühmtheiten hier beerdigt wurden.

Nach einer längeren Pause im Schatten der Bäume, wechselte ich meine Turnschuhe gegen die Flipflops. Vor mir lag nochmals ein langweiliger, geteerter Weg nach Schwechat entlang der Strasse und durch ein riesiges Chemieviertel. Dieses Mal hatte ich mich für die Best-of-Playlist von Udo Jürgens entschieden. So positive Musik wie Udo sie vermitteln konnte, hatte ich schon lange nicht mehr gehört.

In Schwechat war dann Mittagspause angesagt. In der Tyroler Stub’n fand ich draussen einen schattigen Platz im Biergarten. Und trotzdem war es sau heiss!

Nicht immer sind meine Wegabschnitte schön! Auch diese Seite der Medaille muss mal gezeigt werden.
Nicht immer sind meine Wegabschnitte schön! Auch diese Seite der Medaille muss mal gezeigt werden.

Ich freute mich auf den weiteren Verlauf der Wanderung; denn endlich würde ich auf die Donau treffen! Die Gedanken schön im kühlen Wald entlang des Wasserlaufs zu gehen und dem Vogelgezwitscher zuzuhören liessen mich schneller laufen. Mit meiner gedanklichen Wanderromantik hatte ich jedoch weit gefehlt! Der Nachmittag entpuppte sich als Reinfall sondergleichen; es war schon fast ein Horrorszenario. Denn ich war hier nicht alleine unterwegs und teilte das schattige, kühle Donauufer mit Millionen von Insekten. Genauer gesagt Stechmücken.

Und einmal mehr treffe ich auf den ausgeschilderten Jakobsweg.
Und einmal mehr treffe ich auf den ausgeschilderten Jakobsweg.

Ich war wohl der einzige Gringo, der sich von der menschlichen Spezies hier zum Spazieren verirrt hat. Wer mich kennt, der weiss, dass mir Mücken nichts ausmachen. Sie mögen mich nicht und nur sehr vereinzelt werde ich von einer - vermutlich verzweifelten Mücke mit enormen Fortpflanzungsdrang - gestochen. Doch hier war es anders. Ganze Schwärme stürzten sich auf mich. Mich, der einzige Warmblüter weit und breit. Sowas hatte ich bislang nur in nordirischen Gegenden erlebt. Ich konnte ihnen zwar durch kurze Sprints entkommen, doch in der nächsten Kurve warteten bereits die nächsten. Ich hatte nicht mal die Gelegenheit einen Blick auf die Karte zu werfen, um zu schauen, wo ich war. Gleich waren sie vor meinen Augen, an den Armen, Beinen, einfach überall.

Fluchtartig verliess ich bei der nächsten Verzweigung die Donau und schritt landeinwärts, um entlang der Hauptstrasse nach Fischamend zu gelangen. Auf den letzten Kilometern war die Hitze unerträglich. Ich hatte mir stellenweise einen Sonnenbrand eingefangen und mein glühender Körper war mit einer Schweiss-Sonnencreme-Totemücken-Mixtur eingesalbt. 

Störender Fluglärm!
Störender Fluglärm!

Der Herr an der Rezeption des LifeHotel Vienna Airport wirkte ungläubig, verwirrt und ratlos, als er versuchte zu verstehen, dass ich vom Wiener Hauptbahnhof bis nach Fischamend zu Fuss in dieser Hitze gewandert bin. Doch solche Situationen kannte ich bereits und ich ging nicht weiter auf ihn ein. Ich wollte einfach nur mein Zimmer und unter die ersehnte Dusche.

Karte der Etappe 1: Wien Hauptbahnhof – Fischamend, 31 km

Weiter Fotos vom Mittwoch, 19.06.2024