Die Reise beginnt...

Abenteuerurlaub auf den Ilhas de Sotavento (Inseln unter dem Wind)

Donnerstag, 21.09.2017

Als wir am Donnerstagnachmittag all unser Gepäck ins Auto verluden um nach Zürich zu fahren, war ich aufgeregt und ein wenig unsicher. Werden wir uns und unseren Kindern mit dreieinhalb Wochen Kapverden nicht zu viel zumuten? War die Reise und das Land kindergerecht? Sind das Programm und das Reisen über vier Inseln nicht zu viel? Würden die zahlreichen Transfers und Reservationen in den Hotels und Pensionen klappen? Was, wenn nicht? Das Reisen mit Kindern waren wir inzwischen gewohnt, aber war es dieses Mal nicht eine Nummer zu gross? Die Kapverden gehörten zu Afrika und zählten als Dritte Welt Land.

Wir sind bereit für das Abenteuer
Wir sind bereit für das Abenteuer

Ich war froh als alles seinen Lauf nahm und ins Rollen kam. Am Flughafen Zürich waren wir bald. Wir hatten da im Hotel Welcome-Inn eine Familiensuite für eine Nacht gebucht. So konnten wir unser Auto gegen einen Aufpreis die nächsten 21 Tage stehen lassen.

Das Abendessen gab es beim Chinesen gleich nebenan. Als wir gegen zehn Uhr zurückkamen um ein Taxi für den nächsten Morgen zu bestellen, kam bereits die erste Reiseherausforderung. So war es ein Problem ein Taxi zu bekommen, welches für die Kindersitze nichts oder nur einen angemessenen Betrag verlangte. So wollte ein Taxiunternehmen pro Kindersitz CHF 30.- verlangen; dies für eine Fahrt von 5 Minuten, welche CHF 15.- kostete.


Wir waren nicht bereit so viel Geld auszugeben und baten die Rezeptionistin ein anderes Transportunternehmen anzufragen. Die Firma Albis-Taxi verlangte für Kindersitze nichts und veranschlagte einen Fixpreis von CHF 15.- für die ganze Fahrt. So was nenne ich Kundenorientierung. Mit Anspannung und Freude gingen wir schliesslich um 22:30 Uhr ins Bett. Es würde eine kurze Nacht vor einem sehr langen Tag werden.

Freitag, 22. September 2017 – Geburtstag zum Ferienauftakt

Dass Tanja heute Geburtstag hatte, interessierte um 03:40 Uhr noch niemanden. Das Taxi kam pünktlich mit den bestellten Kindersitzen. Um 04:30 Uhr standen wir bereits am Schalter der TAP Air Portugal. Der Check-In funktionierte problemlos, obwohl wir einige Bedenken im Vorfeld hatten. 

Die TAP änderte im letzten halben Jahr die Tarife und Gepäckbestimmungen der Flugangebote und einige Teile der Homepage funktionierten nicht richtig. Ein noch schlechteres Gefühl gaben uns unterschiedliche Angaben zur Freigepäckmenge und dass Email-Anfragen nicht beantwortet als auch die Telefonhotlines in Deutschland und der Schweiz nie (!) abgenommen wurden. Als Tanja schliesslich im Juni 2017 in Portugal in den Ferien war, ging sie persönlich an der TAP Information vorbei und klärte die Angelegenheit. So war es auch endlich möglich unsere Kreditkartendetails bestätigen zu lassen, um damit überhaupt einen Webcheck-in zu machen. Nicht gerade ein Service, den man von einer Airline erwartet. Doch die alternativen Flugrouten mit anderen Fluggesellschaften wären für uns zu kompliziert gewesen.

Gute Stimmung on Board!
Gute Stimmung on Board!

Tanja’s erstes Geburtstagsgeschenk an diesem Tag war eine 20 CHF Ermässigung auf unser Frühstück in einem Cafe am Flughafen Zürich.  

Als wir bereits eine Dreiviertelstunde im Flugzeug sassen, ohne dass es endlich losging, kam mein komisches Gefühl von Gestern wieder hoch. Würde uns die Umsteigezeit am Flughafen Lissabon von einer Stunde und zwanzig Minuten noch reichen? Was passiert mit unserem Gepäck, welches wir bis Praia aufgegeben hatten? Da wir bereits am nächsten Tag weiterfliegen würden, könnte dies ein Problem darstellen. Mit einer Stunde Verspätung hob der Flieger endlich ab. Der Reiseablauf lag nicht mehr in unseren Händen und ich lehnte mich zurück, um noch ein wenig zu schlafen.

Ein paar Minuten Verspätung konnte der Flieger auf dem Weg nach Lissabon wieder gut machen. Doch schon folgten die nächsten Verzögerungen. Das Flugzeug musste neben der Landepiste warten, bis es ein Gate zugeordnet bekam. Als wir schliesslich 15 Minuten später aus dem Wolkenvogel aussteigen und in den Bus einsteigen konnten, war wieder Warten angesagt: Wir befanden uns im Fahrzeugstau auf dem Flughafengelände in einer langen Reihe von Flughafenbussen, Werkfahrzeugen, Tanklastern etc. 

Ausländischer Mafiosi
Ausländischer Mafiosi

Langsam ging es vorwärts. Einige Passagiere hatten ihre Anschlussfüge bereits verpasst und die Stimmung wurde ungemütlich. Endlich erreichten wir rennend das Transfergate. Hier mussten wir für die Passkontrolle anstehen. Zum Glück drängelten die Kinder vor. Dann endlich nach einem Rennspurt, fünf Minuten vor dem Closing, erreichten wir das Gate.

Zu unserem Glück startete auch dieser Flieger mit 45-minütiger Verspätung. Ob das für unser Gepäck reichte (man denke an den Verkehrsstau auf dem Airport), würden wir erst in der Hauptstadt der Kapverden erfahren.

Blick auf den Atlantik von unserem Appartement aus.
Blick auf den Atlantik von unserem Appartement aus.

Um 12:00 Uhr schliesslich landeten wir auf der Insel Santiago am internationalen Flughafen Nelson Mandela der Hauptstadt Praia. Die Zeitverschiebung gegenüber zu Hause betrug drei Stunden. Die Schlange an der Zollkontrolle war beträchtlich. Zum Glück konnten wir dank den Kindern die Priority-Line benutzen. Auch die für uns notwendigen Einreise-Visa hatten wir bereits vorbestellt und bezahlt. Sie waren im System hinterlegt. Unter neidischen und schon fast bösen Blicken hatten wir die Einreisekontrolle in nur 15 Minuten hinter uns gebracht.

Nun wurde es spannend. Sind unsere Gepäckstücke im selben Flugzeug mitgereist? Sicherheitshalber hatten wir Unterwäsche, einen zweiten Satz Kleider und die Flip-Flops ins Handgepäck gepackt. Doch wenn man "es" dabeihat, ist es nicht notwendig. Eine Weisheit, die auch dieses Mal richtig war! Alle unsere Gepäckstücke kamen auf der langen Zunge aus dem Luggage-Mund.

Baden im Hotelpool
Baden im Hotelpool

Am Flughafen wechselten wir sogleich unser Geld. Zwar betrug die Kommission satte 2.5 %, doch wir waren schliesslich auf die Kapverdischen Escudos angewiesen. João (zu Deutsch: Johann, aber auch genannt Gianni, da er 30 Jahre in Italien lebte), unser Fahrer für die Insel Santiago, wartete bereits mit einem Kapverden-Wandern Schild in der Lobby. Mit ihm gingen wir hinaus auf die staubige Strasse von Praia.

Der 14-Sitzer Transportbus gehörte uns ganz allein. João zeigte uns die Umgebung von Praia; allem voran die modernen, neuen Viertel der Immigranten, welche mit dem Geld aus dem Ausland hier ihre Investitionen zu realisieren vermochten. Er erzählte uns auch, wie die Einheimischen dank einem Aufstand und Demonstrationen den Bau eines grossen Bauvorhabens von Chinesischen Investoren verhindern konnten. Die Ferienanlage oder besser gesagt der Touristenpalast hätte die Sicht auf das Meer von der Stadt aus komplett verdeckt.

Abendspaziergang in die ehemalige kleine Hauptstadt Cidade Velha (15 min. von Limeira)
Abendspaziergang in die ehemalige kleine Hauptstadt Cidade Velha (15 min. von Limeira)

Wir verbrachten die ersten Tage auf den Kapverden in der historischen Hauptstadt Cidade Velha in der sehr schönen Hotelanlage Limeira. Sie bestand aus zahlreichen Bungalows und Zimmern, einem Swimmingpool mit Aussicht auf das Meer und einem Restaurant.

Als wir uns für die nächsten zwei Tage einigermassen eingerichtet hatten, ging es auf in den Süsswasserpool. Die Kinder genossen es in das kühle Nass zu springen, lagen die feuchtheissen Temperaturen doch bei geschätzten 30 Grad Celsius.

Fischessen direkt am Strand
Fischessen direkt am Strand

Der Fussweg in das kleine Ortszentrum dauerte etwa 15 Minuten. Wir liessen uns das Abendessen in dem sehr schön gelegenen Restaurant Terreu di Kultura direkt am Sandstrand servieren und stiessen auf Tanja’s Geburtstag und unseren ersten Urlaubstag an. Es gab frischen Fisch mit Gemüse, einen süssen Wein und zur Verdauung noch ein Gläschen Ponche (Grogue und Zuckerrohrmelasse im Verhältnis 2:1). Auch Emilia und Luca gefiel es hier sehr. Sie hatten den ersten Kontakt mit einheimischen Kindern, spielten mit den zahlreichen Hunden und Katzen, die faul auf dem Boden herumlagen, und waren fasziniert von der neuen Umgebung.

Wir Feiern Tanja's Geburtstag
Wir Feiern Tanja's Geburtstag

Der Besitzer liess es sich nicht nehmen, uns anschliessend zurück ins Hotel zu Fahren. Authentisch, so wie hier die Transporte funktionierten, sassen wir wenig später auf dem Heck eines Pickup und fuhren im angenehmen Fahrtwind auf der holprigen Pflasterstrasse zurück ins Hotel. Von heute Nacht an war nackig schlafen angesagt; die Temperaturen würden auch in der Nacht unverändert heiss bleiben.

Samstag, 23. September 2017 – Eine Wanderung zurück in die Geschichte der Kapverden

Hier auf der Insel Santiago, in der ältesten Stadt der Kapverden „Cidade Velha“ (die alte Stadt), begann im 15. Jahrhundert die Geschichte der Kapverden. Die grossen Entdecker machten in Ribeira Grande – so hiess „Cidade Velha“ ursprünglich – Station und der transatlantische Sklavenhandel fand hier seinen Anfang. Noch heute bildet der Pranger am grossen Hauptplatz das Zentrum des Ortes und erinnert an die tragischen Geschichten der Slaven. Wer hierhergebracht wurde, durchlebte die schlimmsten Qualen und kam bestimmt nie wieder zurück in seine Heimat. 

Abstieg ins grüne Ribeira Grande
Abstieg ins grüne Ribeira Grande

Auf unserem Programm stand heute eine Wanderung durch das grüne Tal Ribeira Grande. Der Ausgangsort dazu war Calabaceira, eine Siedlung rund 200 Meter oberhalb der Küste. Um dahin zu gelangen, mussten wir erst einen Transport organisieren. Die Tour selber war im Rother Wanderführer beschrieben und von zahlreichen begeisterten Wanderern empfohlen.

An der Rezeption half man uns, indem ein Taxi organisierten wurde. Die Fahrt hinauf zum Canyon-Rand war abenteuerlich. Es gab nur eine Sandpiste, keine geteerte oder gepflasterte Strasse. Die Leute im Ort lebten in sehr ärmlichen Verhältnissen in Steinhütten oder Baracken mit ihren Tieren. Für uns war es ein krasser Kulturwechsel – noch gestern Abend sassen wir nur wenige hundert Meter entfernt im Restaurant mit Tellern, Besteck, Elektrizität, sauberer Toilette und einem Glas Wein. Hier war das Leben sehr spartanisch und die Einrichtungen erinnerten an das tiefste Afrika.

Tolle Tischdekoration, doch zu gross für unseren Rucksack
Tolle Tischdekoration, doch zu gross für unseren Rucksack

Irgendwann deutete unser Fahrer, dass wir nun hier wären. Weiter vorne würde der Pfad hinunter in den Canyon starten. So liefen wir los. Noch vor dem Abstieg holte uns ein Junge mit seinem Esel ein. Ihn hatten wir zuvor mit dem Auto auf der staubigen Strasse überholt. Er wohnte in einem kleinen Dorf unten im Canyon und hatte den gleichen Weg wie wir.

Neugierig aber freundlich begleitete er uns hinunter in einen üppigen Palmenhain, wo sich das kleine Dorf befand und einige Familien lebten. Wir passierten eine grosse Grouge Distillerie, welche immer noch in Betrieb war. Es stank beträchtlich nach Alkohol doch die Anlage war im Schatten der Palmenbäume wunderschön angelegt. Einige Arbeiter waren damit beschäftigt auf die Bäume zu steigen, um die Kokosnüsse herunterzuschneiden. Im Dickicht waren auch Kinder und Frauenstimmen zu vernehmen.

Vater & Tochter
Vater & Tochter
Zuckerrohr und Palmen
Zuckerrohr und Palmen

Der Weg war nicht einfach zu finden. Mehrere Pfade führten irgendwo hin. Doch verlaufen konnten wir uns nicht. Wir mussten einfach dem Flussbett entlang in Richtung Meer folgen. Allzu schnell kamen wir nicht vorwärts. Immer wieder entdeckten die Kinder etwas, was zu einem Stopp führte. Zudem wollte Luca anfangs alleine und gegen Ende überhaupt nicht mehr wandern. 

Ein Bijou für die Augen waren neben der grünen Vegetation auch die vielen Kapverdischen Eisvögel. Wenn sie flogen, kamen ihre prächtigen, hellblauen Federn richtig zur Geltung. Eine weitere tolle Erinnerung waren zwei riesige Baobab-Bäume (Affenbrotbaum), auf welche wir klettern konnten. 

TELO unterm Baobab-Baum
TELO unterm Baobab-Baum

Je näher wir nach Cidade Velha kamen, desto breiter wurde der Canyon. Vor den ersten Häusern entdeckten wir eine Herde Affen, welche sich – aufgeschreckt von uns – zurück in die Felshänge bewegten. Dann folgten einige Abfallhalden, welche uns aufzeigten, wie hier Entsorgung gehandhabt wurde. Der herumliegende Müll beeindruckte die Kinder fast noch mehr als die Affen.

Der Pfad folgte immer der Talsohle
Der Pfad folgte immer der Talsohle

Auf dem Pranger-Platz angekommen, hatten wir – vermutlich wie auch die Sklaven dazumal – Hunger und Durst. Wir kehrten im Restaurant Espanada direkt am Meer ein, von wo aus wir das rege Treiben der Fischer beobachten konnten. Regelmässig legten kleine Boote an, welche den Fang in den Ort trugen. Für uns "riesige" Fische, wie Oktopus und Krebse wurden gebracht und verkauft. Die Fischer gingen von Restaurant zu Restaurant und die Einwohner des Ortes kamen an die Strandpromenade, um etwas zu kaufen. Hier war definitiv alles frisch. Ich bestellte mir einen überbackenen Tintenfisch und Tanja einen "normalen" ohne Tinte. Es schmeckte vorzüglich.

Frischer Fisch fürs Abendessen
Frischer Fisch fürs Abendessen

Den späteren Nachmittag und Abend verbrachten wir in der Hotelanlage. Wir waren froh, hatten wir im Zimmer eine Klimaanlage. Noch waren wir die heissen Temperaturen hier nicht gewohnt.

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