Nordspanien: Baskenland, Kantabrien, Asturien und Galizien

Ortigueira, A Coruña & Finisterre

Dienstag, 02. Oktober 2018

Nach dem Frühstück verliessen wir Corao und starteten eine lange Autoreise zur Ortschaft Ortigueira, welche bereits in der autonomen Gemeinschaft Galizien im Nordwesten Spaniens lag. Der Ruhetag kam allen gelegen, obwohl es auch heute wieder Prachtwetter war und man eigentlich draussen was hätte unternehmen müssen.

Bei Oviedo, der Hauptstadt Asturiens vorbei, gelangten wir bei Aviles wieder auf die Küste, welcher wir fortan strikt nach Westen folgten. Wir passierten Cudillero und Luarca, bis wir im kleinen Ort Ribadeo stoppten und im Restaurant O Lar De Carmiña was zu Mittag assen. Zum Glück hatte dieses Lokal offen – was anderes gab es weit und breit nicht, obwohl der Ort eigentlich sehr touristisch ist. Denn nur wenige hundert Meter weiter liegt der Praia das Catedrais, ein goldgelber Sandstrand, dessen Felsformationen an Kathedralen erinnern und daher so benannt wurde.

Fast alleine bei den Praia das Catedrais.
Fast alleine bei den Praia das Catedrais.

Zur Hochsaison müssen hier wohl scharenweise Busse anfahren. Doch um diese Jahreszeit beschränkte sich der Andrang auf ein paar Autos. Das Gebiet ist weitläufig und es gibt zahlreiche Pfade hinunter zu den eindrücklichen Gesteinsformationen.

Wir hatten Glück und es war Ebbe. So konnten wir teilweise noch im Wasser barfuss um die wildromantischen Felsbögen herumschlendern, welche mit ein wenig Fantasie schon an riesige Gotteshäuser erinnerten.

Praia das Catedrais.
Praia das Catedrais.

Der Ausflug war eine willkommene Abwechslung, doch der Abstecher sollte noch mehr Abenteuer bringen. So passierte es mir doch tatsächlich, dass ich beim Wenden des Autos auf einem Feldweg – ja, wir mussten wieder mal einen Toilettenstopp einlegen – mit dem Heck des Autos in einen Wassergraben fuhr! Also stand der Wagen quer auf dem Feldweg, der Unterboden lag auf und die beiden Hinterräder waren im Graben und hatten keinen bodenkontakt.

Es blieb uns nichts anderes übrig als alles Gepäck (und das war viel) aus dem Fahrzeug zu entfernen, dieses auf dem Feld zu deponieren, und zu versuchen, den Wagen von Hand hochzuheben und nach vorne zu schieben. Doch nicht zu weit; denn auf der anderen Seite befand sich ebenfalls ein Graben.

Minuten des Kraftakts und Hektik vergingen bis das Auto wieder mittig auf dem Feldweg stand. Es rauchte und stank von der Kupplung, die wir schleifen lassen mussten und den Reifen, welche auf dem Kies ihren Halt suchten.

Am nördlichste Punkt der Iberischen Halbinsel.
Am nördlichste Punkt der Iberischen Halbinsel.

Das nächste Ziel war die Landesspitze von Bares, wo wir über eine nette hügelige Fahrt den windgepeitschten Leuchtturm besichtigten. Eine kurze Wanderung führte uns auch hier bis zur Spitze des Festlands, welche der nördlichste Punkt der Iberischen Halbinsel darstellt! Von den tollen verschlungenen Pfaden hatten wir einmal mehr traumhafte Blicke über die raue Küstenlandschaft.

Es dauerte noch ein wenig bis wir die Ortschaft Mera de Arriba in der Nähe von Ortigueira erreichten. Das Casa Rural O Vilar, wo wir zwei Zimmer gebucht hatten, lag ganz schön versteckt mitten im grünen Hinterland. 

Der Leuchtturm bei Bares.
Der Leuchtturm bei Bares.

Die Anlage war wunderschön. Hier fand man Stille und Erholung. Mittlerweile war es früher Abend und wir hatten Hunger und Durst, aber es gab hier weit und breit nichts. Doch man half uns weiter. Ein paar Kilometer in Richtung Ortigueira würde es einen Laden geben, wo wir alles für eine nächtliche Brotzeit bekommen würden. Gleich machten wir uns auf zu dem Geschäft, welches von aussen gar nicht so aussah, als ob man da einkaufen könnte.

Abendessen im rustikalen Casa Rural O Vilar.
Abendessen im rustikalen Casa Rural O Vilar.

Doch alles war vorhanden: Brot, Salami, Käse, Tomaten und Joghurt. So assen wir wenig später im sehr rustikalen und vornehmen Steinhaus zu Abend. Es war für die ganze Familie ein ganz besonderes Erlebnis, in einer solchen Umgebung den Abend zu verbringen. Gerne wären wir auch hier noch ein paar Tage geblieben. Das Casa Rural O Vilar und die Umgebung ist wirklich einen längeren Aufenthalt wert.

Weitere Fotos vom Dienstag, 02. Oktober 2018

Mittwoch, 03. Oktober 2018

Ein gefüllter und erlebnisreicher Tag lag vor uns. Das Ziel: Finisterre – das Ende der Welt! Doch bis wir da hinkommen würden, stand noch so einiges auf dem Programm. Nach einem reichhaltigen und liebevoll angerichteten Frühstück verliessen wir das rustikale Casa Rural O Vilar und fuhren auf der kurvenreichen Küstenstrasse hoch zur Punta de los Aguillós mit dem Cabo Ortegal.

Mit flauem Magen stieg schliesslich der eine oder die andere aus dem Auto und musste sich gleich festhalten, um vom starken Wind nicht umgeworfen zu werden. Das Cabo Ortegal liegt sehr ausgesetzt im Atlantik. Entsprechend rau und umso schöner kam die Gegend daher. Ein endloser Horizont lag vor uns.

Der Punta de los Aguillós mit dem Cabo Ortegal.
Der Punta de los Aguillós mit dem Cabo Ortegal.

Auf der Weiterfahrt über Cedeira liessen wir Ferrol rechts liegen und steuerten direkt die Hafenstadt La Coruña an. Bereits zu keltischen Zeiten war hier eine Siedlung bekannt, die unter den Römern zu einem strategischen bedeutsamen Hafenstützpunkt ausgebaut wurde. Der Atlantik spielt seit eh und je eine entscheidende Rolle, nicht nur bei den Handelsbeziehungen Richtung England und Flandern, sondern auch beim Kolonialwarenverkehr. Die Römer waren es auch, welche der Stadt mit dem errichteten Herkulesturm ein Wahrzeichen setzten. Genau dieses Monument wollten wir uns ansehen.

La Coruña: Auf dem Weg zum Herkulesturm.
La Coruña: Auf dem Weg zum Herkulesturm.

La Coruña von heute ist aber nicht nur Hafen-, sondern auch eine gewichtige Industriestadt. Hier gibt es Konserven-, Fischmehl-, Textil- und chemische Industrie, Eisen- und Stahlerzeugung sowie Schiffs- und Maschinenbau. Die Orientierung auf der langen Stadteinfahrt mit den abstossenden Wohnblockschneisen hatten wir dank dem Navi gut im Griff. Bald erreichten wir den grossen Parkplatz und den dahinter liegenden mächtigen Torre de Hercules an der Nordwestspitze der Halbinsel.

Wherever you wanna go...
Wherever you wanna go...

Dieser knapp 60 Meter hohe Leuchtturm geht bis zum Beginn des zweiten nachchristlichen Jahrhunderts zurück und wurde in der Zwischenzeit mehrfach ausgebessert; im 18. Jahrhundert sogar aufgestockt! Insgesamt mussten wir 200 Stufen Wendeltreppe hinaufsteigen und wurden dafür mit der hochgelobten Rundumaussicht belohnt!

Im Anschluss wanderten wir noch ein wenig der Halbinselküste entlang und picknickten unterwegs. Dann ging es zurück zum Auto und auf ins Hinterland Galiziens.

Picknick unterhalb des Herkulesturmes.
Picknick unterhalb des Herkulesturmes.

Das Gebiet entlang der Küste zwischen A Coruña und Finisterre gilt als eines der ursprünglichsten und einsamsten Gegenden Galiziens. Auf den kurvenreichen Küstenstrassen mit dem Ziel Laxe kamen wir nur langsam vorwärts.

Es ging durch bäuerliche geprägte Landstriche und Szenerien aus Wiesen, Maisfeldern, Eukalyptus- und Kiefernhainen, bis wir schliesslich das stimmungsvolle Strand- und Hafenörtchen Laxe erreichten. 

Farbenprächtige Wanderung auf den Monte da Insua.
Farbenprächtige Wanderung auf den Monte da Insua.

Vom vielen Sitzen hatten die Kinder Bewegungsdrang und so starteten wir gleich los auf eine kleine Wanderung auf den Monte da Insua.

Der kleine aber feine Spaziergang auf die 100 Meter hohe Warte der Halbinsel bescherte uns grossartige Ausblicke über Camariñas hinweg bis nach Muxia. Der Farbenkontrast durch den blauen Himmel, die silbergrauen Felsen, das saftige Grün der Flur und das türkisfarbige Meer präsentierten sich dabei ohnegleichen.

Aussicht auf dem Abstieg vom Monte da Insua.
Aussicht auf dem Abstieg vom Monte da Insua.

Vor allem das Letztere genossen wir nach der Wanderung noch in vollen Zügen. Obwohl Galizien nicht gerade im Ruf eines klassischen Reiseziels für Badeurlaub ist, befinden sich in dieser Region zahlreiche geschützte "karibische" Sandbuchten mit türkisfarbenem, glasklarem Wasser. Die Sensation fernerhin war auch, dass wir um diese Jahreszeit noch darin baden konnten!

Wie einleitend erwähnt ging unsere Reise weiter zum spektakulären Kap Finisterre; dem sogenannten "Ende der Welt". Wir fuhren mit dem Auto gleich raus zum Leuchtturm, wo wir parkierten und zu Fuss weitermarschierten. Die Sonne war bereits im Sinkflug und wir beeilten uns, damit wir den sich anpreisenden, sensationellen Sonnenuntergang am Kap nicht verpassten.

Wie in der Karibik - nur ein wenig kälter.
Wie in der Karibik - nur ein wenig kälter.

Wir waren keinesfalls alleine hier. Obwohl die Hauptpilgerzeit im Oktober vorbei war, sammelte sich eine Masse an Jakobspilgern, welche von Santiago hierher weiterzog um einmal am (ehemaligen) Rand der Welt zu stehen und ein letztes Gebet vor ihrer Heimreise zu sprechen. Auch einfache Touristen wie wir, die dies einmal erleben wollten, trafen ein.

Das Ende des Jakobweges bei Cabo Finisterre.
Das Ende des Jakobweges bei Cabo Finisterre.

Aus den Lautsprechern der Leuchtturmbar drang die beherzte Stimme von Andrea Boccelli mit dem Song "Time to say goodbye" in die endlose Weite des Meeres hinaus. Der goldene, wolkenfreie Sonnenuntergang im Meer und die ansonsten andächtige Stille lies noch bei so manchem einen kalten Schauer den Rücken runtergleiten. Es herrschte eine mystische Stimmung und ich bin überzeugt, dass jeder Besucher etwas davon auf seiner Weiterreise mitnahm.

Zahlreiche Pilger erleben gemeinsam den makellosen Sonnenuntergang am Kap.
Zahlreiche Pilger erleben gemeinsam den makellosen Sonnenuntergang am Kap.

Vom Reisen hatten wir heute genug. Mit dem Hotel Mar de Fisterra gleich am Ortseingang von Finisterre hatten wir einmal mehr eine gute Auswahl getroffen. Im obersten Stockwerk bekamen wir ein riesiges Familienzimmer für uns alleine. Im Mesón Arco da Vella direkt am Fischerhafen assen wir wenig später – immer draussen auf der Terrasse – ein vorzügliches Fisch- und Meerestiereabendessen. Sehr zu empfehlen!

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