Von Innsbruck nach Salzburg - Tag 4

Freitag, 28. Juli 2017

St. Johan in Tirol – Kirchdorf – Erpfendorf – Waidring – Lofer – Unken (ca. 37 Km)

Am Frühstücksbuffet war ich wiederum der Erste. Meine schmerzenden Füsse liessen mir vergangene Nacht keinen durchgehenden Schlaf zu. Einige Male stand ich auf und beruhigte sie mit dem kalten Wasserstrahl der Dusche. Erste Gedanken zum Abbruch der Wanderung kamen auf. Doch nach dem Kaffee und dem verarzten der Blasen sah die Welt wieder freundlicher aus. Schliessich erwartete mich heute ein landschaftlich schöner Streckenabschnitt, welcher dem offiziellen Pilgerweg folgen würde. Die Wege, so hoffte ich, sollten also grösstenteils Wanderkonform verlaufen. 

Hurra, die Sonne ist da!
Hurra, die Sonne ist da!

Die Planung des heutigen Streckenabschnittes oder besser gesagt das Organisieren einer Unterkunft war gar nicht so einfach. Es benötigte einiges an Recherche und Abklärung, bis ich einen Gasthof mit einem Zimmer für eine Nacht fand, welcher geografisch etwa in der Mitte zwischen St. Johan und Salzburg lag. Denn ich musste die restliche Strecke so aufteilen, dass ich sie am nächsten Tag auch schaffen konnte. In der Ortschaft Unken im Landhotel Kirchenwirt wurde ich schliesslich fündig.

Blick auf das Kitzbüheler Hornköpfl
Blick auf das Kitzbüheler Hornköpfl

Bevor ich St. Johan verliess, deckte ich mich noch mit neuen Blasenpflastern ein. Denn bis Salzburg würde ich vermutlich an keiner Apotheke mehr vorbeikommen. Dann ging es los: An der Dekanatspfarrkirche vorbei, stets in umgekehrter Richtung dem Pilgerweg nach Salzburg folgend.

Sogar "Keine Wanderwege" sind gut sichtbar ausgewiesen! Ich liebe die Österreicher.
Sogar "Keine Wanderwege" sind gut sichtbar ausgewiesen! Ich liebe die Österreicher.

Nicht nur ich freute mich über die goldene Morgensonne, welche in einem warmen Licht durch die Büsche und Grässer schien. Auch die Bremsen flogen beglückt herum und liessen sich unbeirrt auf dem wandernden Frühstückstisch nieder. Nach Kirchdorf folgte ein wunderschöner Streckenabschnitt der Grossache entlang, bevor er bei Erpfendorf östlich in Richtung Waidring und Lofer abzweigte. Hier öffneten sich mir die Blicke auf die bekannte Steinplatte, ein Skigebiet welches ich schon ein paarmal im Winter besuchte, und die Loferer Steinberge.

Endlich auf einem richtigen Wanderpfad.
Endlich auf einem richtigen Wanderpfad.

Kurz vor Lofer führte mich der Weg vom Bundesland Tirol ins Bundesland Salzburg. Etliche Denkmäler, kulturelle Bauten und Hinweistafeln wiesen auf Geschehnisse längst vergangener Tage hin. Bestimmt wäre deren Besichtigung interessant gewesen, doch ich war damit beschäftigt meine eigene Geschichte zu erleben.

In Lofer hatte ich zweidrittel meiner Tagesetappe geschafft. Hier gönnte ich mir in einer Bäckerei Kaffee, Cola und viele Zuckergebäcke. Schliesslich benötigte ich für den Nachmittag noch genügend Energie um Unken zu erreichen. Um dahin zu kommen, wählte ich immer den Weg entlang der Saalach. Verschiedene Steige (Triftsteig, Gaissteig) und Teilstücke des Jakobwegs machten diese Wanderung sehr abwechslungsreich und lohnend. 

Tolle Wanderstrecke neben und über dem Loferbach.
Tolle Wanderstrecke neben und über dem Loferbach.

Das Landhotel Kirchenwirt lag etwas erhöht und schön gelegen direkt neben der Kirche von Unken. Als ich dort eintraf kam sofort die Frage auf ob ich ein Pilger sei. "Nein" erwiderte ich, "Ich bin nur ein Wanderer". "Du siehst aber aus wie ein Pilger" kam postwendet zurück. "Du hast doch bestimmt was ausgefressen und tust jetzt Busse". Ich kam ins Gespräch. Tatsächlich nächtigten etliche Pilger im Kirchenwirt. Hauptsächlich im Frühling seien die frommen Menschen unterwegs. Sie gingen aus verschiedenen Gründen den Weg. Jede Geschichte sei einzigartig.

Erinnerungen an die Vergangenheit und Tafeln der Pilgerwege sind hier sehr präsent.
Erinnerungen an die Vergangenheit und Tafeln der Pilgerwege sind hier sehr präsent.

Erst jetzt entdeckte ich das gelbe Pilgergästebuch an der Rezeption. Viele Einträge hatte es die letzten Jahre nicht. Dies läge daran, "dass sich die meisten Gäste nicht einschreiben würden. Viele wissen nicht was sie Schreiben sollen oder möchten den Grund ihrer Pilgerreise nicht preisgeben". Das konnte ich verstehen. Geht es mir doch oftmals genauso, wenn ich am Gipfel einer Bergtour das Buch in meinen Händen halte und nicht weiss was ich reinschreiben soll.

Zum Glück war ich kein "richtiger" Pilger und musste mich auch nicht an irgendwelche Regeln halten. So verbrachte ich den Abend nackig in der Hotelsauna, trank Weissbier und ass Fleisch. Doch die Busse liess nicht lange auf sich warten: Als ich im Bett lag schmerzten meine Füsse dermassen, dass es eine Zeitlang dauerte bis ich einschlafen konnte.

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