Matterhorn

Über den Hörnligrat auf seine Majestät der Schweizer Alpen.

Nach dem Abstieg vom Horu auf dem Weg zum Schwarzsee. I did it!
Nach dem Abstieg vom Horu auf dem Weg zum Schwarzsee. I did it!

Montag, 25. August 2025

„Warst Du schon mal auf dem Matterhorn?“ Wie viele Male musste ich mir diese Frage schon anhören, wenn ich erwähnte, dass Bergsteigen mein Hobby ist. Und immer mit „Nein“ beantwortete. „Nein, aber…“ – dass es auch noch andere, viel schwierigere, ebenfalls faszinierende Berge in Toblerone-Form gab, wollte mein Gegenüber meist gar nicht wissen. 

Aufstieg zur Hörnlihütte. Rechts das breite Tal des ehemaligen Zmuttgletschers.
Aufstieg zur Hörnlihütte. Rechts das breite Tal des ehemaligen Zmuttgletschers.

In der Öffentlichkeit fehlt es häufig an einem tiefergehenden Verständnis für die Bergwelt. Man kennt den Kilimanjaro, den Mount Everest, die Zugspitze und noch den Rigi. Aber ein Bergsteiger MUSS doch mal auf dem Matterhorn gewesen sein, sonst ist er kein richtiger Alpinist.

Blick zurück auf den Wanderweg und die Bergbahnstation Schwarzsee. Unten im Tal das dicht bebaute Zermatt.
Blick zurück auf den Wanderweg und die Bergbahnstation Schwarzsee. Unten im Tal das dicht bebaute Zermatt.

Lange hielt mich diese Einschätzung kalt, denn ich wusste ja, dass die Besteigung des Matterhorns in Punkto Schwierigkeit und Anstrengung kein Problem für mich darstellte. Die Vielzahl an Seilschaften, das Gedränge am Berg und auf der Hörnlihütte – kurz: der ganze Rummel um den Zermatter Hausberg – wirkten auf mich abschreckend.

Geändert hatte ich meine Einstellung, als Dominik und ich die Idee hatten, eine Überschreitung des Matterhorns zu unserem 50. Geburtstag anzugehen. Wenn Matterhorn, dann richtig! Nach einer Übernachtung im kleinen Lonza-Biwak würden wir über den Zmuttgrat hoch und über den Hörnligrat wieder runter. Ein Traumvorhaben. Doch dazu würden wir zwei Bergführer benötigen.

Genau, dort hinauf geht es morgen früh!
Genau, dort hinauf geht es morgen früh!
Das Abendrot umgibt die Gipfel im Val d’Anniviers.
Das Abendrot umgibt die Gipfel im Val d’Anniviers.

Unsere Anfrage dafür ging erst an Tobi Erzberger, welcher sich leider zwei Wochen vor unserem Zeitfenster bei einer Bergtour verletzte. Im „Bergsteiger-Netzwerk“ wurde nach Ersatz gesucht – und auch gefunden. Berni Ertel und Fabian Hagenauer würden uns führen. Ein paar angespannte Tage der Ungewissheit, ob die Tour zustande kommt, gingen zu Ende. Nun musste nur noch das Wetter mitspielen.

Sophisticated: Bibliothek & Ledersessel
Sophisticated: Bibliothek & Ledersessel
Hörnlihütte 4:45 Uhr: Wir sind bereit, es kann losgehen.
Hörnlihütte 4:45 Uhr: Wir sind bereit, es kann losgehen.

Je näher der Termin kam, desto mehr zeichnete sich ab, dass eine gewaltige Schlechtwetterfront in den geplanten Zeitslot hereinziehen würde, was eine Begehung der Route über den Zmuttgrat immer unwahrscheinlicher erblicken liess. Dies veranlasste uns zur Umplanung, Terminvorverschiebung und die Reservation von Schlafplätzen auf der Hörnlihütte. Unser Gedanke war, lieber über den Hörnligrat aufs Matterhorn als gar kein Matterhorn.

Eine Lichterkette von Stirnlampen säumt den Grat hinauf.
Eine Lichterkette von Stirnlampen säumt den Grat hinauf.
Die Aufnahme wurde tatsächlich an diesem Morgen vom Tal aus gemacht.
Die Aufnahme wurde tatsächlich an diesem Morgen vom Tal aus gemacht.

Als der Termin schliesslich näherkam und wir uns bereits im Wallis mit Vorbereitungstouren die Kondition und Höhenverträglichkeit angewöhnten, stabilisierte sich das Wetter und vor uns lagen zwei Sonnentage mit perfekten Verhältnissen. Danach sollte eine Kaltfront mit Regen, Schnee und Wind die Region einnehmen. Wir hatten also richtig geplant und konnten uns auf eine grossartige Gipfelbesteigung freuen.

Berni und Tobi trafen wir um 15:00 Uhr an der Bergbahnstation. Wir erkannten die beiden durchtrainierten Burschen sofort. Gemeinsam fuhren wir hoch zur Station Schwarzsee (2’581m), wo uns der wunderschöne und äusserts aussichtsreiche Wanderweg hoch zur Hörnlihütte auf 3’262m führte.


Die Hörnlihütte war für mich eine sehr positive Überraschung. Sie kam modern, mit sehr viel Platz und einer grossen Fensterfront hin zum Matterhorn daher. Unzählige 6-er Zimmer säumten die Stockwerke, welche mit grosszügigen, sauberen Sanitäranlagen ausgestattet waren. Eine kleine Alpinbücher-Bibliothek mit Ledersessel oder die grosse steinerne Aussichtsterrasse luden zum Verweilen ein. Man fühlte sich hier schon fast wie im Hotel.

Auch das Abendessen war lecker. Nun blieb nur noch auf den morgigen frühen Tourenstart abzuwarten. Mit Lampenfieber gingen wir ins Bett um zu Ruhen – richtig Schlafen würden diese Nacht wohl die wenigsten.

Dienstag, 26. August 2025

Tagwache 04:00 Uhr, Frühstück um 04:30 Uhr. Die erwartete Hektik blieb aus. Alle Bergsteiger sitzen bereits mit angezogenen Schuhen und Klettergurten ruhig am Frühstückstisch. Einige haben bereits ihre Jacken an und ihre Helme mit Stirnlampen auf.

Um 05:45 Uhr machen sich die Zermatter Bergführer mit ihren Gästen auf zur Eingangstüre. Sie würden die ersten sein, die auf den Grat starten. Ein paar Minuten später reihten auch wir uns ein. Erst nach all den zertifizierten Bergführern dürfen die anderen Solo- oder Seilschaften losgehen.


Kurz vor 05:00 Uhr traten wir raus an die frische Luft und in die Dunkelheit. Wie ein langer Leuchtwurm schlängelten sich die Lichter der Bergsteiger dem Felsen entlang. Das Tempo war hoch; alle wollten zügig vorankommen. Ob dies bis zum Gipfel wohl so bleiben würde?

Bei der ersten Steilstufe kam dann schliesslich der erwartete Stau mit Wartezeit. Nach dem wir die drei Couloirs hinter uns gebracht hatten, zog sich die Bergsteigerschlage sehr in die Länge und wir kamen gut und angenehm vorwärts.

Als wir über die «Bänder» zu den sogenannten «Eselsritten» kletterten, ging im Osten hinter uns langsam die Sonne am Horizont auf. Es war ein traumhafter Anblick, den wir aber nur jeweils kurz geniessen konnten, wenn Berni oder Fabian an einer schwierigen Stelle vorstiegen und wir eine Verschnaufpause hatten.

Um 07:00 Uhr erreichten wir nach drei Stunden das Solvay-Notbiwak auf 4'003 Meter. Nach einer kurzen Pause stiegen wir weiter über die obere Moseleyplatte, hinauf in Richtung des «Roten Turms» bis wir bei der Gratschulter (4'200m) die Fixseile erreichten. 


Hier zogen wir die Steigeisen an und es ging weiter, bis wir schliesslich die Statue des heiligen Bernhards erspähen konnten. Ein tiefes Glücksgefühl, gepaart mit Erleichterung und Stolz, erfüllte mich, als wir über dem schmalen Grat zum Schweizer Gipfel des Matterhorns schritten. Nun stand ich auf dem ehrfürchtigen Alpenriesen und konnte das traumhafte 360-Grad Bergpanorama geniessen. Eine riesige Freude und Genugtuung machten sich in mir breit.

Auch auf dem italienischen, einen Meter tiefer liegenden Gipfel des Matterhorns, trafen Seilschaften ein. Dort steht auch das Gipfelkreuz. Doch auf der Schweizer Seite wartete noch immer der eiserne heilige Bernhard für ein Gipfelfoto auf uns.

Beim Solvay-Notbiwak
Beim Solvay-Notbiwak

Die Statue steht als Symbol des Schutzes und der Fürsorge in den Alpen. Der Heilige Bernhard von Menthon gilt als Schutzpatron der Bergsteiger und Reisenden in den Alpen. Ursprünglich war er Gründer der Hospize am Grossen und Kleinen St. Bernhard-Pass, die als Zufluchtsorte für Pilger und Reisende dienten. Seine Aufgabe bestand darin, Menschen in den gefährlichen Bergregionen zu helfen und zu schützen.

Matterhorn-Gipfel-Foto :-)
Matterhorn-Gipfel-Foto :-)
Auf dem Abstieg vom Gipfel. Gratpassage mit garantiertem, beidseitigem Tiefblick!
Auf dem Abstieg vom Gipfel. Gratpassage mit garantiertem, beidseitigem Tiefblick!

Die Statue erinnert also an diese Schutzfunktion und symbolisiert Sicherheit und Beistand für alle, die das Matterhorn und die umliegenden Berge besteigen. Wir nahmen seinen Schutz gerne mit, denn vor uns lag noch der lange Abstieg hinunter zur Hütte, welcher gleichermassen anspruchsvoll daherkommt wie der Aufstieg und jede Aktion wohl überlegt sein muss. Nicht umsonst zählt das Matterhorn zu den Bergen mit den meisten Todesunfällen weltweit.

Zurück bei der Hörnlihütte.
Zurück bei der Hörnlihütte.

Um 13:30 Uhr erreichten wir nach 8.5 Stunden wieder heil die Hörnlihütte. Nach einem Gipfelbier und einer Brotzeitplatte, schritten wir auch das letzte Etappenstück hinunter zur Bergstation Schwarzsee und weiter nach Zermatt, wo sich Bernis und Fabians Wege von uns wieder trennten. Die beiden planten für morgen bereits ein weiteres Kletterabenteuer, Dominik und ich würden in Zermatt nochmals auf unseren Gipfelerfolg anstossen und die Gefühle dieses glückseligen Erfolgs geniessen.

50/50 - Die Alpendudes feiern Geburtstag!
50/50 - Die Alpendudes feiern Geburtstag!

So lässt es sich den 50. Geburtstag feiern.

An dieser Stelle: Realisiert Eure Träume, solange ihr das noch machen könnt!

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