Entlang dem Doubs

Zweitägige Wanderung entlang dem Doubs von Les Brentes nach Saignelégier mit Survivalübernachtung in der Hängematte.

Einen schöneren Übernachtungsort kann man sich nicht vorstellen.
Einen schöneren Übernachtungsort kann man sich nicht vorstellen.

Samstag, 2. Juli 2022

Es ist ein interessantes Gefühl, sich am Heimatbahnhof auf der gegenüberliegenden Seite des Perons hinzustellen. Tagtäglich steige ich bei dieser Haltestelle in den Zug in Richtung Basel SBB. Doch heute ging es in die andere Richtung. Ich war dadurch so abgelenkt, dass ich prompt vergass ein Ticket zu lösen.

Ziel und Ausgangspunkt der Wandertour entlang dem Doubs war die Ortschaft Les Brenets der Gemeinde Le Locle des Kantons Neuenburg. Um mit den öffentlichen Verkehrsmitteln dahin zu gelangen, mussten wir einige Male umsteigen.

Mit der nostalgischen Eisenbahn erreichen wir von Le Locle aus das Örtchen Les Brenets.
Mit der nostalgischen Eisenbahn erreichen wir von Le Locle aus das Örtchen Les Brenets.

Nach einem Stopover in Glovelier, La Chaux-de-Fonds und Le Locle, erreichten wir um 11:00 Uhr nach einer kurzen Fahrt mit der nostalgischen Eisenbahn das Örtchen Les Brenets. Hier füllten wir die Wasservorräte auf und stiegen hinunter zum Doubs, welchem wir fortan die nächsten zwei Tage folgen würden.

Unser Plan war es, dem Flussverlauf bis zur Ortschaft Goumois zu folgen und via Saignelégier wieder mit dem Zug heimzukehren. Dabei würden wir durch tiefe, enge Schluchten wandern und an so manchen Stauseeabschnitten entlanggehen. Übernachten würden wir in der Hängematte in der Natur. Essen und Kocher hatten wir dabei, Wasser gab es im Doubs genügend.

Der erste Blickkontakt mit dem Doubs (Lac des Brenets).
Der erste Blickkontakt mit dem Doubs (Lac des Brenets).

Es war ein Prachttag und die Wetterlage stabil. Die Sonne schien unermüdlich hinunter und liess die Asphaltstrassen erhitzen. Wir sehnten uns schon nach dem Wanderweg im Wald und über das Plätschern des Doubs. Für eine solche Unternehmung waren dies ideale Verhältnisse, denn die Sonne kommt nur in den Hochsommermonaten in die tiefen Schluchten des Doubs und lässt die wilde Natur im Farbenlicht erscheinen.

Noch ist der Wanderweg breit und einfach zu gehen.
Noch ist der Wanderweg breit und einfach zu gehen.
Szenerie am Lac de Moron.
Szenerie am Lac de Moron.

Wir wanderten von der Bahnstation also hinunter zum sogenannten Lac Le Brenets, der wie ein grosser Stausee anzuschauen war. Am rechten bzw. südlichen Flussufer wanderten wir weiter bis zum Saut du Doubs. Dieser Wasserfall ist eine touristisch vermarktete Sehenswürdigkeit, welche zu diesem Zeitpunkt gar keine war. Denn Aufgrund des enorm niedrigen Wasserstands drang kein Wasser über die ca. 20 Meter hohe Steilstufe (siehe Foto).

Der smaragdgrüne Lac de Moron.
Der smaragdgrüne Lac de Moron.

Erst unterhalb der vermeintlichen Falllinie des Wasserfalls sammelte sich das Wasser wieder zu einem kleinen Seelein. Auch auf den nächsten Flusskilometern war der Wasserspiegel extrem niedrig, ja regelrecht unterirdisch. Das Rinnsal lief unter den Steinen des Bachbeets hindurch und nur bei tieferen Bereichen sammelte sich das Wasser wieder in kleinen Becken. Für mich ein erschreckendes, bizarres Bild.

Als wir den Lac de Moron erreichten, änderte sich die Szenerie schlagartig. Der manipulierte Flusslauf zum Stausee erschien mir wie in einer surrealen Welt. Das smaragdgrün schimmernde Wasser und der völlig unerwartete Landschaftswechsel beeindruckten mich tief. Die Wälder, das Wasser, das Flussufer, die umliegenden Felsen; dies alles erschien mir wunderschön, jedoch unerwartet.

Bei der Staumauer von Châtelot.
Bei der Staumauer von Châtelot.
Immer wieder galt es kleine Tunnel zu durchqueren.
Immer wieder galt es kleine Tunnel zu durchqueren.

Wir folgten dem sehr gut ausgebauten Wanderweg dem Stausee entlang. Zur Abwechslung gab es immer wieder kleine Tunnel, die es zu durchqueren galt oder mit Stahlseilen gesicherte Passagen gleich oberhalb des Wassers.

Die Staumauer bei Châtelot war eindrücklich. Gleich dahinter verlief der Wanderweg im Zick-Zack hinunter zum kleinen Flüsschen Doubs, welches fortan dank dem engen Tal an Fahrt aufnahm. Von hier unten konnte man nochmals zu der hohen Staumauer hochschauen. Was für ein Bauwerk.


Gleich ein paar Gehminuten weiter gelangten wir zur kleinen Gastwirtschaft Le Châtelot. Den Ort Restaurant zu nennen wäre falsch. Eher handelt es sich um einen alten, magischen Ort, welcher mit viel Liebe gepflegt und bewirtschaftet wird. Die Steinhäuser gleich oberhalb des Doubs sind stilvoll eingerichtet. Im Hauptgebäude hängen Bilder aus vergangen Zeit, der Kamin zeugt von den kalten Wintern in dieser tiefen Schlucht und das Klavier erinnert daran, dass hier ab und zu auch musiziert wird. Und nebenbei gibt es für den Gast etwas zu trinken und selbst zubereitete Kleinigkeiten zum Essen.

Im Garten der kleinen Gastwirtschaft Le Châtelot.
Im Garten der kleinen Gastwirtschaft Le Châtelot.

Der müde Wanderer wie unsereins, setzte sich derweil auf die bequemen Stühle unter den Bäumen und liess mit Blick auf den Doubs die Seele baumeln. An diesem Ort kommt man sich wie im Märchen vor. Idyllisch, friedlich, ruhig.

Unser Weg führte nun am Fusse der hohen Felswände von Côte de la Forge, Côte des Breulets und Cõte des Moulins Calame entlang. Erst beim Kraftwerk von Torret hatten wir wieder ein wenig Weitsicht. Das Elektrizitätskraftwerk wurde 1948 von der Société des Forces Motrices du Châtelot, einem französisch-schweizerischen Unternehmen, erbaut. Es treibt das kommende Wasser des Staudamms von Châtelot durch vier Turbinen, welche einen Gesamtdurchfluss von 44 m3/s haben.

Damit werden zwei Generatoren mit einer Leistung von je 15.000 kW betrieben. Die durchschnittliche Jahresproduktion beträgt 100 GWh und macht dadurch die Anlage zu dem wichtigsten Kraftwerk im Tal des Doubs.

Bei Les Graviers legten wir eine Mittagspause ein. Wichtig zu wissen ist hier, dass man sich nicht auf die Wasserquelle verlassen kann. Der Wasserhahn des Brunnens neben der Blockhütte des Fischereiverbandes war abmontiert.

Nach der Mittagspause legten wir uns noch ein wenig ins Zeugs. Schnellen Schrittes eilten wir dem Lac de Biaufond entgegen. Doch bei der Buvette Le Caprice bei La Maison Monsieur mussten wir einfach nochmals einen Halt im gemütlichen Garten einlegen.

Für das letzte Wegstück zum Zoll bei PT 611 wählten wir den Weg auf der Schweizerseite. Dieser ist langweilig und nicht zu empfehlen. Besser ist, bei Pt. 628 den Doubs nach La Rasse zu überqueren und den Weg auf der französischen Seite weiter fortzusetzen.

Leider fanden wir beim Lac de Biaufond kein geöffnetes Restaurant oder irgendeinen Ort, wo wir unsere Wasserflaschen hätten auffüllen können. So setzen wir rüber nach Frankreich und folgten dem abenteuerlichen Wanderpfad, welcher unmittelbar am Ufer des Lac de Biaufond folgte.

Langsam wurde es finster. Die Sonne drang im Nordosten schon lange nicht mehr bis zum Doubs herunter und wir hielten sehnsüchtig Ausschau nach einem geeigneten Übernachtungsplatz. Doch ideale Orte fanden wir nicht. Erst als wir die Barrage du Refrain passiert hatten, fanden wir den perfekten Ort. Ein Märchenwald mit moosbehangenen Bäumen und Felsblöcken direkt am Ufer des Doubs. Sogar eine Feuerstelle war vorhanden und geeignete Bäume für unsere Hängematten hatte es auch. 

Ein toller Ort um nach der schweisstreibenden Wanderung eine Abkühlung zu finden.
Ein toller Ort um nach der schweisstreibenden Wanderung eine Abkühlung zu finden.

Bevor ich mit dem Einrichten unseres Schlaflagers begann, nahm ich erst ein ausgiebiges Bad im Doubs. Bei der heutigen Hitze bin ich ganz schön ins Schwitzen gekommen und mein Körper war aufgeheizt. 

Als ich zum Lager zurückkam, hatte Dominik bereits seine Hängematte aufgehängt. Auch ich suchte einen Platz. Diesen fand ich in wunderschöner Ufernähe zwischen zwei ausgewachsenen Buchen, deren Rinde aufgrund des Moosbehangs fast grüner als ihre Blätter erschien.

Abendessen: Couscous mit Speck & Zwiebeln, leckeren Rotwein und natürlich auch was Süsses zum Dessert.
Abendessen: Couscous mit Speck & Zwiebeln, leckeren Rotwein und natürlich auch was Süsses zum Dessert.

Inzwischen hatte Dominik die Feuerstelle in Betrieb genommen; es knisterte heimelig und der Geruch von Kohle lag in der Luft. Wir schafften noch einiges an Holz an für die Nacht. Dann wechselten wir zum gemütlichen Teil des Abends. Es gab Couscous mit Speck und Zwiebeln, dazu leckeren Rotwein und natürlich auch was Süsses zum Dessert.

Noch lange sassen wir vor dem Feuer mit dem Flachmann in der Hand und philosophierten über Gott und die Welt. Erst kurz vor Mitternacht suchte ich meine Hängematte auf. Es war stockdunkel. Das Plätschern des Wassers begleitete mich sofort in den Schlaf.

Sonntag, 03. Juli 2022

Es war ein herrliches Gefühl in unmittelbarer Nähe des Doubs, inmitten dieser grünen, wilden Märchenlandschaft aufzuwachen. Die Vögel piffen Melodien von den Bäumen, die Strömung rauschte und die ersten Sonnenstrahlen erreichten die Bäume weit oben an der Schlucht.

Mein wunderschöner Übernachtungsplatz.
Mein wunderschöner Übernachtungsplatz.

Nach dem Frühstück machten wir uns auf zum nächsten Streckenabschnitt. Wir folgten unterhalb des Ortes Refrain auf der schmalen, tiefen östlichen Schluchtseite des Doubs entlang dem Ufer. In den ausgewaschenen Kalkwänden sahen wir sogar Gämsen, welche auf ihren vier Beinen mühelos in den fast senkrechten Felswänden umherstolzierten.

Der Pfad führt durch üppiges Grün.
Der Pfad führt durch üppiges Grün.

Die Natur hier war eine Pracht. Der moosverhangene Wald leuchtete in einem magischen Grün. Die herabfallenden Sonnenstrahlen besuchten diese tiefe Schlucht nur in den Hochsommermonaten und es schien uns, als dass nicht nur wir uns über den Anblick, sondern auch die Fauna und Flora sich über das wärmende Licht freute.


Bei La Goule wechselten wir wieder hinüber auf die Schweizerseite. Die Hoffnung, hier irgendwo einen Wasserhahn zu finden blieb jedoch erfolglos. Zwar gab es am Zoll mal einen Brunnen, doch der Hahn war wie bei so vielen Orten abmontiert.

Im Schatten machten wir erst mal eine Rast und ruhten uns aus. Es war ein Hitzetag sondergleichen und wir waren dankbar, dass wir im Wald entlang dem Wasser gehen konnten. Dem ausgewiesenen Wanderweg folgten wir im Anschluss Flussabwärts bis zu Pt. 508. Irgendwo später hängten wir unsere Hängematten nochmals auf und gönnten uns ein Mittagsnickerchen.

Von Le Theusseret bis zum Zielort Goumois trafen wir dann vermehrt auf andere Wanderer. Spätestens als wir im Ort ankamen, befanden wir uns im sonntäglichen Tourismus. Viele Motorrad- und Fahrradfahrer als auch Wanderer drängten sich in die Restaurants oder in das kühle Nass des Doubs.

Nach typischer Alpen Dudes Manier, verpassten wir leider um ein paar Minuten den Linienbus nach Saignelégier. Der Nächste würde erst in zwei Stunden fahren. So entschieden wir, zu Fuss zum Bahnhof des Ortes aufzusteigen. Immerhin konnten wir unsere Wasserflaschen hier am Dorfbrunnen füllen.

Die 500 Höhenmeter bei über 30 Grad Celsius setzte uns jedoch schon zu. Froh waren wir, als wir am Bahnhof von Saignelégier gekühltes Coca-Cola und Bier einkaufen konnten. Dazu gilt es zu erwähnen, dass dieses Mal das Bier nicht im Vordergrund stand, sondern der langersehnte Wasserausgleich im Körper.

Mit dem Erreichen von Saignelégier und der Rückfahrt mit dem Zug nach Basel ging eine herrliche Wanderrunde zu Ende. Wilde Natur, welche sozusagen direkt vor der Haustüre anzutreffen ist, und dies erreichbar mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Die Schweiz ist einfach ein sehr vielseitiges, gut erschlossenes und wunderschönes Wanderland.

Weitere Fotos