Untersbergüberschreitung

Der Untersberg ist ein etwa 70 km² grosses und in der höchsten Erhebung 1973m hohes Bergmassiv der nördlichen Kalkalpen, als markante Landmarke am Alpenrand. Er ist der nördlichste Ausläufer der Berchtesgadener Alpen auf der Grenze von Bayern (Deutschland) und Salzburg (Österreich). Seine Hauptgipfel sind Berchtesgadener Hochthron (1973 m) und Salzburger Hochthron (1853 m), sonst bildet er ein ausgeprägtes Gipfelplateau.

Der Untersberg von Surheim aus gesehen.
Der Untersberg von Surheim aus gesehen.

Montag, 22. Juli 2013

Nachdem ich vor einer Woche die Überquerung des Hochstaufenmassives unter die Wanderschuhsolen genommen hatte, war heute der Untersberg dran. Hier gestaltete sich jedoch der Rückweg schwieriger als beim Nachbarn Hochstaufen. Doch hatte ich auch hier eine Idee, denn schliesslich wollte ich alles „by fair means“ beschreiten.

06:00 Uhr. Die ersten Sonnenstrahlen erreichen den Grat.
06:00 Uhr. Die ersten Sonnenstrahlen erreichen den Grat.

Mein Wecker klingelte um 04:45 Uhr. Mit dem Auto fuhr ich im stockdunkeln nach Berchtesgaden und deponierte ein Fahrrad sowie eine Wasserflasche am Wanderparkplatz bei Maria Gern. Wenn alles nach meinem Plan verlief, würde ich am späteren Nachmittag wieder hier vorbeikommen.

Dann fuhr ich wieder die ganze Strecke zurück Richtung Grödig nach Glanegg, wo der legendäre Dopplersteig mit seinen Unmengen an Stufen (sind es nahezu tausend?) den steilen Weg durch die Ostwand des Salzburgers Hochthron hinaufschlängelte.

Das ist doch mal ein Service! Trinkkrug direkt bei der Quelle.
Das ist doch mal ein Service! Trinkkrug direkt bei der Quelle.

Das Auto war rasch abgestellt, der Rucksack schnell geschustert, die Wanderschuhe stracks geschnürt. Die Flip-Flops warteten bereits bei meinem Velo in Maria Gern. Eilig schritt ich voran, denn ich hatte nicht wirklich eine Ahnung, welche Strapazen vor mir lagen und ich wollte die Überschreitung unbedingt noch vor der Nachmittagshitze beenden. Alle in meinen Plan involvierten Personen sagten mir, dass die Überschreitung anspruchsvoll, mühselig und lange dauern würde. Doch ich liess mich nicht abschrecken. Spätestens nach dem Bärentrek wusste ich, dass Zeitangaben relativ sind und ich mich, provokativ und durchaus naiv für etwas Besseres hielt.

Blick aus einer der zahlreichen Höhlen die man hier unterwegs antrifft.
Blick aus einer der zahlreichen Höhlen die man hier unterwegs antrifft.

Den Weg zum Salzburger Hochthron (1852 – 1370 Höhenmeterdifferenz) brachte ich inklusive einer 15-minütigen Höhlenbesichtigung in 2:15h hinter mich (offizielle Zeitangabe 3:30h). Jetzt hatte ich die Höhe und ich konnte den weiteren Verlauf besser kontrollieren. Doch obwohl ich von hier aus schon das Stöhrhaus, das einzige Bergrestaurant auf dem Weg am Horizont ausmachen konnte, würde es noch seine Zeit in Anspruch nehmen, dahin zu gelangen.

Auf dem Dopplersteig, welcher teilweise in den Fels gehauen wurde.
Auf dem Dopplersteig, welcher teilweise in den Fels gehauen wurde.

Immer ging es rauf und runter, links und rechts um die zahlreichen Kalkkrater herum, welche teilweise noch mit Schnee gefüllt waren. Gegen 08:30 Uhr erreichte ich die Mittagsscharte (1677m) bevor ich wieder zum Gamsalpkopf anstieg und ich schliesslich wenig später den Berchtesgadener Hochthron (1‘972m), welcher um knapp 300 Hm höher lag als sein österreichischer Bruder, erreichte.

Blick vom Geiereck (1805m) auf Salzburg.
Blick vom Geiereck (1805m) auf Salzburg.

Der Name Gamsalpkopf kam nicht von ungefähr; immer wieder begegnete ich Gämsen. Ansonsten war ich aus menschlicher Sicht komplett alleine unterwegs. Schliesslich war es Montag und das Wandern war nur den privilegierten Urlaubern vorbehalten. Klammer auf: Einige Tage später vernahm ich, dass ein Wanderer (vermutlich an einem Herzinfarkt) tot auf dem Wanderweg umfiel. Das hätte mir hier auch passieren können. So einsam war ich unterwegs.

Blick zum Watzmann. In der Bildmitte erkennt man gut den Abstiegsweg nach Maria Gern.
Blick zum Watzmann. In der Bildmitte erkennt man gut den Abstiegsweg nach Maria Gern.

Die ersten Bergkammeraden traf ich beim Stöhrhaus. Hier gönnte ich mir einen Liter Coca-Cola! Vermutlich können dies nur so gestörte Wanderfanatiker - wie ich es bin - nachvollziehen, welcher Genuss es ist, etwas kohlensäurehaltiges, kaltes, zuckerhaltiges hinunter zu schlürfen. Fünfzehn Minuten später brach ich zum Abstieg auf.

Blick zurück auf das Untersbergmassiv
Blick zurück auf das Untersbergmassiv

Ich war jetzt bereits fünf Stunden unterwegs. Der Weg hinunter nach Maria Gern war sehr angenehm; nicht zu steil und trotzdem fortlaufend absteigend. Die Blicke zurück auf die steil abfallenden Flanken des Unterbergs, in welchem ich einige Höhlen ausmachen konnte, faszinierten mich immer wieder und luden für eine kurze Pause ein. Zahlreiche Mythen und Sagen der Bergentrückung ranken sich um den Untersberg. Eine davon besagt, dass Kaiser Karl der Grosse im Untersberg auf seine Auferstehung wartet; alle hundert Jahre wacht er auf und wenn er sieht, dass immer noch die Raben um den Berg fliegen, dann schläft er ein weiteres Jahrhundert. So lange wird der Kaiser von den „Untersberger Mandln“ umsorgt. Bei ihnen handelt es sich um zwergenähnliche Gestalten, die dem Kaiser treu ergeben sind.

Ein Mann – ein Fahrrad
Ein Mann – ein Fahrrad

In Gedanken versunken und mit einem gleichmässigen Trott voran schreitend, erreichte ich unerwartet schnell Maria Gern und mein geparktes Fahrrad mit deponierter Wasserflasche und Flip Flops. Inzwischen war der Parkplatz voller geworden. Da wollten wohl noch einige eine Wanderung unternehmen. Doch für mich war das Marschieren mit der Überschreitung des Unterbergs in etwas mehr als sechs Stunden (mit Pausen) zu Ende. Jetzt war Fahrradfahren angesagt – Jupie!

Abfahrt nach Berchtesgaden: Blick auf die Watzmannkulisse.
Abfahrt nach Berchtesgaden: Blick auf die Watzmannkulisse.

Nachdem ich meine Füsse im nahen Bächlein heruntergekühlt hatte, damit sie wieder in die Flip-Flops passten, schwang ich mich aufs Rad. Bis Berchtesgaden ging es erst mal nur runter und ich genoss den lauen Fahrtwind. Als ich die Berchtesgadener Ache und somit die B305 erreichte, hiess es trampen. Doch auch die rund 20 Kilometerstrecke brachte ich unter einer Stunde unfallfrei hinter mich. Nach 7 Stunden und 45 Minuten schloss sich der Kreis und ich war glücklicher „by fair means“ -Überschreiter des Untersbergs!

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